Die SPD Haimhausen trauert um Heribert Widmann.
Heribert Widmann konnte vor wenigen Tagen ein Jubiläum feiern, das nur wenigen vergönnt ist: am Neujahrstag 2019 konnte er auf 50 Jahre Mitgliedschaft in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands zurückblicken. Willy Brandt war noch Außenminister der großen Koalition in Bonn, als Heribert Widmann am 1. Januar 1969 in die SPD eintrat. Die Partei stand in jenen Jahren für Fortschritt, aktive Friedenspolitik und soziale Gerechtigkeit. Nach den Studentenunruhen der Jahre 1967 und 1968 traten immer mehr junge Menschen aus allen Schichten – nicht nur Studenten, sondern auch junge Arbeitnehmer*innen – in die SPD ein. Sie wollten den Muff der Adenauer-Ära endgültig hinter sich lassen. Unter ihnen war der junge 20jähriger Heribert Widmann.
Ein halbes Jahrhundert hat er die Entwicklung der SPD mitgestaltet. Er „diente“ ihr rund 30 Jahre als Kassier des SPD Ortsvereins Haimhausen und als langjähriges Vorstandsmitglied. Über drei Jahrzehnte, von 1978 bis 2008 vertrat er als SPD-Gemeinderat die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in Haimhausen. 18 Jahre wirkte er als Sozialreferent. Er engagierte sich in zahlreichen Vereinen und Organisationen. Die von ihm organisierten Schafkopfturniere für die Fußballer im SV Haimhausen und im Verein Miteinander-Füreinander waren berühmt und beliebt.
Sein Platz war bei den Schafkopferten, nicht bei den Großkopferten
Dabei engagierte sich Heribert stets in erster Linie für die sozial Benachteiligten, für jene, die weniger Glück im Leben hatten und auf Hilfe angewiesen waren. Der stets bescheiden auftretende Heribert Widmann fühlte sich bei den „Schafkopferten“ wohler, als bei den „Großkopferten“. Sein großes soziales Engagement rührte aus zwei gleichberechtigten Quellen: aus seiner Tradition als Sozialdemokrat und aus seiner christlichen Überzeugung. So war Heribert als Mitglied der Kirchenverwaltung St. Nikolaus in seiner Gemeinde aktiv und mehr als 40 Jahre in der Katholischen Arbeitnehmerbewegung KAB.
Den Menschen in Haimhausen war er vor allem auch als langjähriger Leiter der örtlichen – inzwischen aufgelösten – Poststelle vertraut. Ein Postler mit sozialem Gewissen, ein bayerischer katholischer Sozialdemokrat alter Schule, ein Vorbild für uns alle – so wird er uns Sozialdemokrat*innen, aber auch allen Menschen in Haimhausen, die ihn schätzten, in Erinnerung bleiben.
Vor wenigen Tagen konnten wir noch seinen 70igsten Geburtstag feiern. Nun ist Heribert Widmann nach langer Krankheit und trotzdem für uns alle unerwartet am Dienstag, den 22. Januar 2019 verstorben. Die Trauerfeier findet am Freitag, den 1. Februar um 10 Uhr in der Inhauser Kirche statt, die Urnenbeisetzung anschließend auf dem Haimhauser Friedhof. Wir verneigen uns vor Heribert in großer Dankbarkeit und Trauer.
Heute haben wir Heribert auf seinem letzten Weg begleiten dürfen. Viele Freunde waren dabei – nicht nur aus der SPD, sondern auch aus dem Gemeinderat und aus den zahlreichen Vereinen und Verbänden, in denen er sich engagiert hatte. Für die SPD durfte ich einen letzten Gruß vortragen, den ich an dieser Stelle dokumentieren möchte:
„Die SPD Haimhausen trauert um Heribert Widmann. Heribert war fünfzig Jahre lang ein treuer- wie es bei uns heisst – Genosse. Vor allem aber war er ein guter Freund.
Das war eine andere Welt damals, 1969, als der junge Heri am Neujahrstag in die SPD eingetreten ist: die Studenten und – was wir heute häufig vergessen – zahlreiche junge Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellte hatten gerade den Aufstand geprobt. Sie hatten 1967/68 plötzlich festgestellt, dass sie in den Jahren des Wirtschaftswunders und des Wiederaufbaus nach dem furchtbaren Krieg nicht nur Besitz gewonnen, sondern auch viele Werte verloren haben: die soziale Ungleichheit hatte zugenommen, ebenso die Härte in unserer Gesellschaft. Täglich sah der 20jährige Heribert Widmann damals schreckliche Bilder des grauenhaften Kriegs in Vietnam. Und mit dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei war auch offensichtlich geworden, dass der Frieden in Europa keine Selbstverständlichkeit war. Und in unseren Parlamenten haben mit der NPD zum ersten Mal wieder rechtsradikale Feinde der Demokratie Einzug gehalten.
Das war eine andere Welt damals. Aber war es das wirklich? Manchmal scheint es mir, dass sich so viel gar nicht geändert hat. Die soziale Frage ist nicht gelöst, die Gefahr von rechts nicht gebannt und Kriege gibt es grad genug.
Ob sich die Welt wirklich geändert hat, darüber kann man geteilter Meinung sein. Einer hat sich aber ganz gewiss nicht verändert in diesen fünfzig Jahren: Heribert Widmann war mit 70 so sehr ein Kämpfer für mehr Gerechtigkeit und mehr Freundlichkeit, wie mit 20. Er war lebenslänglich das soziale Gewissen, nicht nur in der SPD, sondern auch über viele Jahre im Gemeinderat.
Aber bei aller Weltverbesserei war Heri kein weltfremder Ideologe. Er wollte die Welt immer im Kleinen besser machen, im Alltag, in seiner Heimat, in seinem Haimhausen. Heri hatte Bodenhaftung. Er war ein bescheidener Weltverbesserer. Er fühlte sich nicht bei den Großkopferten wohl, sondern blieb lieber bei den Schafkopferten. Er war mein bescheidener Held des Alltags.
Heri, wir vermissen dich. Und wenn mich etwas tröstet, dann dass du als waschechter Sozialdemokrat und bekennender Christ jetzt irgendwo da oben auf deiner Wolke sitzt und vermutlich mit Simon Andrä und Dieter Blasius Schafkopf spielst, ab und an über den Rand deiner Wolke auf uns runterschaust und mit dem verschmitztem Lächeln, das dir stets ins Gesicht geschrieben stand, murmelst: „Mei, Ihr lernt‘s es nie!“.
Von dir Heri, konnte man immer lernen: Bescheidenheit, Zuverlässigkeit, Freundlichkeit – alles, was einen guten Postler ausmacht. Danke, dass ich dich in vielen Jahren zum Freund haben durfte.“