Atomkraft – Nein danke!
Dass es mit der Nutzung der Atomkraft nicht so weitergehen darf, darüber bestand Einigkeit zwischen Zuhörern und Podiumsgästen bei der Sonderveranstaltung der SPD in der Reihe "Treffpunkt Landtag" im Dachauer Ludwig-Thoma-Haus. Nur ein Gast zweifelte daran, dass der Umstieg auf erneuerbare Energie bald möglich sei.
Gastgeber Martin Güll
Die Grünen-Politikerin Antje Wagner war im vergangenen Sommer auf einer Informationsreise in der ukrainischen Sperrzone rund um Tschernobyl unterwegs. Mit Bildern verlassener Schulen und Kindergärten in ausgestorbenen Städten machte Wagner eindrucksvoll deutlich, wie katastrophal die Langzeit-Folgen eines schweren Atomunfalls sind.
Für Jahrhunderte bleiben ganze Landstriche unbewohnbar, werden Menschen aus ihrer Heimat für immer vertrieben.
Aber auch nach der Flucht aus den betroffenen Regionen sind die Bewohner noch nicht in Sicherheit. Die Folgen der Strahlenbelastung treffen alle, die sich während einer solchen Katastrophe im Gefahrenbereich aufgehalten haben.
Das erschreckende Ausmaß der Belastungen machte die Radioökologin Dr. Christine Frenzel in ihrer Kurzpräsentation klar.
Dr. Christine Frenzel
Sie betreut zusammen mit Professor Lengfelder vom Otto-Hug-Strahleninstitut die Tschernobyl-Opfer in Weißrussland. Die massive Häufung von Schilddrüsenkrebs und anderen Krebsarten in den Jahrzehnten nach der Katastrophe spricht für sich selbst und lässt Frenzel zu dem Schluss kommen: "Diese Technologie ist nicht beherrschbar".
In der anschliessenden Gesprächsrunde mit Cornelia Stadler (Mütter gegen Atomkraft) und dem SPD-Abgeordneten Martin Güll wird diese Einschätzung immer wieder bestätigt. Kritisiert wird nicht nur der Betrieb der Atomkraftwerke an sich, sondern auch die mangelnden Vorsorgemaßnahmen speziell in Deutschland. Die Katastrophenpläne seien bei uns Geheimsache, der Staat nehme den Bürgern damit auch die Möglichkeit selbst für sich Vorsorge zu treffen, warf Dr. Frenzel den Behörden vor.
Ob man in Deutschland unter dem Schlagwort "German Angst" möglicherweise überängstlich sei, wollte Moderator Martin Güll von Cornelia Stadler wissen. Schliesslich seien die Proteste in Nachbarländern wie Frankreich oder Tschechien wesentlich leiser. Eine Ursache dafür sei die Informationspolitik in diesen Ländern, meinte Stadler dazu. Mangelnde Berichterstattung der Medien habe dazu beigetragen, dass die Menschen dort belogen worden seien. Allein die konkreten Auswirkungen des GAU vonTschernobyl auch auf Deutschland seien ein Beleg dafür, dass die Ängste der Menschen vollkommen berechtigt sind.
Cornelia Stadler
An diesem Punkt setzten auch Fragen des Publikums ein. Auf die Frage nach der Belastung von Pilzen und Wild aus bayerischen Wäldern musste Christine Frenzel bestätigen, dass bestimmte Pilzarten und besonders Wildschweine durch ihre Art der Nahrungsaufnahme in bestimmten Gebieten weiterhin hochbelastet seien, leider aber die Jäger ihre Beute oft nicht testen ließen. "Wer sein Fleisch nicht in den Handel bringt, muss es ja nicht überprüfen lassen." So könnten Verbraucher, die Wild von Bekannten beziehen, auch stark belastetes Fleisch erhalten. Sie kenne aber auch Jäger, die sich entsprechende Meßgeräte zugelegt hätten, weil sie sich der Verantwortung bewusst seien.
Angesichts der aktuellen Katastrophe in Japan, deren Folgen nach Einschätzung der Expertin Christine Frenzel vermutlich noch weit schlimmer würden, als die von Tschernobyl, sei der Ausstieg aus der Kerntechnologie endgültig unvermeidlich. Das Moratorium seitens der Bundesregierung sei ein Skandal und nur ein Vorwand um Zeit zu gewinnen, meinte Antje Wagner. Auch wenn europäische Nachbarn weiter auf Atomktraft setzten, müsse man in Deutschland mit dem Ausstieg beginnen, forderte Cornelia Stadler. Als Vorreiter könne Deutschland hier auch Anstoßgeber werden und eine Fürungsrolle bei der erneuerbaren Energietechnik übernehmen.
Wichtig sei aber eine entsprechende Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit. Das Umdenken müsse schon in den Schulen beginnen, nicht nur bei der Energiegewinnung, sondern auch durch Verhaltensänderung beim Verbrauch könnte ein großer Teil der heute von Atomkraftwerken gelieferten Energie ersetzt werden, bestätigte auch Gastgeber Martin Güll.
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